Bereits zum dritten Mal luden mein Kollege Harald Moritz und ich am 24. Juni 2015 zur Diskussion über die A100 ein, auch diesmal wieder in den Jugendclub SKANDAL. Wie schon bei den letzten Veranstaltungen dazu war es recht voll, aber die Emotionen schlugen diesmal noch höher. Der in der Diskussion stehende 17. Bauabschnitt der A100 wird konkreter, rückt im wahrsten Sinne des Wortes näher heran an die Menschen, die in Lichtenberg, Friedrichshain und rund ums Ostkreuz wohnen. Es geht fühlbar um ihren Platz in der Stadt, der ihnen von einem Betonkoloss, der Sechs-Spuren-breit in die dichtbebauten Friedrichshainer Kieze hineingeschoben werden soll, streitig gemacht wird.
„A100 stoppen oder weiterbauen?“ war die Frage, die wir gemeinsam mit den zahlreichen Anwohner_innen und Interessierten diskutierten. Auf dem Podium unterstützten mich dabei Harald Moritz, grüner verkehrspolitischer Sprecher im Abgeordnetenhaus, Tilman Heuser vom BUND Berlin sowie eine Anwohnerin.
Nach einem ausführlichen Eingangsvortrag über den aktuellen Stand der Planungen zum 17. Bauabschnitt, stellte Mira Zupan, Politikstudentin, erste Ergebnisse einer Umfrage zum Wissen über den 17. Bauabschnitt vor. Die überwiegende Mehrheit spricht sich gegen einen Bau aus.
Die Diskussion bewegte sich zwischen Kopfschütteln und Hoffnung. Kopfschütteln erzeugten die vielen Ungereimtheiten im Zusammenhang mit diesem Projekt. Ein erst kürzlich mit EU-Mitteln ausgebauter Radweg, der der Autobahn weichen soll. Eine aktuelle Prüfung zum Anschluss der Frankfurter Allee an die Autobahn, die zeigt, dass ein direkter Anschluss hier nicht möglich ist. Viele ungeklärte städtebauliche und verkehrliche Fragen, z.B. wie mit dem elfgeschossigen Wohnblock an der Wilhelm-Guddorf-Straße umgegangen wird – abreißen oder als „Lärmschutzwand“ stehenlassen? Aber es gibt auch Hoffnung noch etwas tun zu können, um eine Zustimmung auf Bundesebene zum Weiterbau zu verhindern. Die Projekte des Bundesverkehrswegeplans werden im Herbst 2015 der Öffentlichkeit vorgestellt. Dann können die Bürger_innen ihre Meinung dazu äußern. Nutzen Sie das, war die Aufforderung von Tilman Heuser. Tun Sie sich zusammen, engagieren Sie sich mit ihren Nachbar_innen gegen diesen Prestigebau. Bringen Sie Ihre Sorgen und Geschichten an die Öffentlichkeit.
Es gibt viele gewichtige Argumente gegen ein Projekt, für das die Steuerzahler_innen sehr tief in die Tasche greifen müssen. Denn die Kosten dieser geplanten vier Kilometer Autobahn werden mit großer Sicherheit den bisher teuersten Autobahnbau (16. BA der A100) deutlich überschreiten. Für solche Projekte haben der Bund und Berlin anscheinend Geld, für den boomenden Radverkehr indes werden nicht genug Finanzmittel bereitgestellt.
Weniger Verkehr in der Innenstadt sowie Entlastung der Kieze durch den Weiterbau des 17. Bauabschnitts wird es nicht geben, auch wenn dies vom Senat immer behauptet wird. Ein Blick in andere Großstädte zeigt, dass Autobahnringe die Verkehrsprobleme nicht gelöst werden. Ein Mehrangebot an Straße bringt auch mehr Verkehr, ein Mehrangebot an ÖPNV und Radwegen stärkt deren Nutzung. Darüber waren sich die Anwesenden einig.
Auch wenn die Behörden schon lange an der Planung des 17. Bauabschnitt arbeiten, kommen die Diskussionen dazu nicht zu spät. Widerstand lohnt sich. Im Herbst laden wir wieder ein.