Bauchschmerzen, Essstörungen und Depressionen. Viele Schüler*innen leiden an Schulen unter Leistungsdruck. Rund 25% aller Kinder und Jugendlichen weisen während der Schulzeit psychische oder psychosomatische Befunde auf, die auch auf Überforderung in der Schule zurückzuführen sind. Gebündelt tritt das bei der Zeugnisübergabe in Erscheinung. Für viele steht das Zeugnis für ihren Misserfolg und ihre schlechten Chancen im weiteren Leben. Darum gibt es an vielen Orten ein Zeugnissorgentelefon.
Ich bin Lotta, studiere Kindheitspädagogik und mache gerade ein Praktikum bei Marianne. Während meiner Zeit hier bin ich auf Mariannes Anfrage zum Zeugnissorgentelefon gestoßen. Eine Sache, die mir sofort aufgefallen ist: das Telefon ist nur am Tag der Zeugnisausgabe und da nur von 10 bis 13 Uhr besetzt. Der Senat begründet dies damit, dass die Kinder in der 2. Schulstunde ihre Zeugnisse bekommen und danach frei hätten. Tatsächlich ist es jedoch fraglich, ob nach der Zeugnisvergabe nicht doch weiter Unterricht gemacht wird oder ob vielleicht noch ein Ausflug zusammen stattfindet. Vor allem im Sommer geht man doch gern als Klasse noch ein Eis essen.
Angebote in anderen Städten
In anderen Städten gibt es auch Zeugnistelefone. In Köln kann man die Nummer beispielsweise an vier verschiedenen Tagen zwischen 10 bis 12 und 13 bis 15 Uhr erreichen. In Lüneburg stehen Telefon und E-Mail-Adresse zwischen 9 und 16 Uhr bereit. Warum in Berlin also nur für drei Stunden? Der Senat sagt, es bestehe kein Bedarf. Das kann ich mir anhand der psychischen Belastung von Kindern und Jugendlichen aber nur schwer vorstellen. Beworben wurde das Zeugnistelefon über die Zeitung, wo wohl eher keine Kinder und Jugendlichen davon mitbekommen haben, und es gab einen Post auf der Instagramseite der Senatsverwaltung. Dieser hat mehr als 2 Monate später ganze 110 Likes. Wie viele Kinder und Jugendliche dort wohl erreicht wurden?
Angesichts der weit verbreiteten psychischen Belastungen von Schülerinnen, die durch den Schulalltag und den Leistungsdruck verstärkt werden, erscheint es unverständlich, warum das Zeugnissorgentelefon in Berlin nur so begrenzt zugänglich ist. Die Tatsache, dass der Senat den Bedarf als gering einschätzt, zeigt, dass die tatsächlichen Bedürfnisse vieler Kinder und Jugendlichen möglicherweise nicht ausreichend wahrgenommen werden. Angesichts der alarmierenden Zahlen zu psychischen Problemen ist es jedoch entscheidend, dass Unterstützung in solchen Momenten, wie bei der Zeugnisübergabe, umfassend und niedrigschwellig angeboten wird. Eine breitere Erreichbarkeit und eine bessere Bewerbung könnten helfen, Schülerinnen in emotional belastenden Situationen effektiv zu unterstützen – und das nicht nur für wenige Stunden.
Die gesamte Anfrage mit den Antworten des Senats ist hier zu lesen: