Mit der von Herrn Saleh losgetretenen Kitapflicht-Debatte soll nur vom Versagen des Senates abgelenkt werden, allen Familien, die das wollen, einen guten Kitaplatz in ihrer Nähe zur Verfügung zu stellen. In Berlin fehlen mehrere Tausend Kitaplätze, trotzdem stellt der Senat auch im kommenden Doppelhaushalt wieder nur unzureichende Mittel zur Verfügung, um zügig mehr Plätze zu schaffen und ist auch nicht in der Lage sich dem Problem der fehlenden Fachkräfte zu stellen. Eine Kitapflicht wäre gar nicht umsetzbar.
Schon heute müssen Familien um Kitaplätze eher kämpfen, z. B. in einem Brennpunktbereich Neuköllns (Köllnische Heide) haben Eltern mehr als 600 Unterschriften gesammelt, weil dort mehrere Hundert Kitaplätze fehlen. Die Kinder von Flüchtlingen werden fast gar nicht mit Kitaplätzen versorgt. Wenn es also darum ginge „kein Kind zurückzulassen“, wie gern behauptet wird, hätte der Senat genug zu tun. Die Debatte zur Kitapflicht soll nur den Schwarzen Peter für die Folgen der mangelnden Anstrengungen der Senatspolitik für die frühkindliche Bildung den Eltern zuschieben.
Eine Kitapflicht ist nicht nur verfassungsrechtlich problematisch, sie ist auch kein vernünftiges Mittel, Eltern zu motivieren. Nur ein Zusammenspiel von guter Beratung und Förderung von Familien von Anfang an und ein attraktives Kitaangebot wird dazu führen, dass alle Kinder so früh wie möglich in die Kitas gehen. Druck und ordnungsrechtliche Maßnahmen bewirken eher das Gegenteil.
Mit dem Defizitansatz zur schleichenden Einführung der Kitapflicht über Sprachtests, schadet die SPD dem Bild der frühkindlichen Bildung, hier waren die Familien- und Jugendpolitiker der SPD schon mal weiter. Vom Kitabesuch sollen alle Kinder profitieren. Aber Kitas sind nicht dazu da, die Kinder „quadratisch, praktisch,gut“ in den Grundschulen abzuliefern. Und sie sind auch keine Gegenveranstaltungen zu den Familien, nur in vertauensvoller Zusammenarbeit mit den Familien kann frühkindliche Bildung ihre Wirkung wirklich gut entfalten.
Bei Kleinkindern verläuft die Sprachentwicklung oft in Sprüngen. Deshalb kann es vorkommen, dass ein Kind, dass zunächst in der Entwicklung zurückhängt, bereits nach wenigen Monaten seine Altersgenossen ein- oder überholt hat, genauso gibt es die umgekehrten Entwicklungen. Ein Sprachtest kann deshalb nur eine Momentaufnahme sein, deren Aussagekraft nur von kurzer Dauer ist. Eine vernünftige Sprachförderung setzt deshalb auf die Beobachtung von Entwicklungen und bezieht auch andere Faktoren ein, z.B. konzentriert sich das Kind gerade auf die Weiterentwicklung seine motorischen Fähigkeiten.
Die Berliner Kinder brauchen nicht mehr Tests sondern mehr gutausgestattete Kitas. Alle Kinder sollen in einer anregenden Umgebung dabei unterstützt werden, die Welt zu endecken. Jedes soll Kind in seinem Tempo und an dem Objekt, das es gerade interessiert, lernen können. Das Lernen findet im ganzen Alltag und nicht in „Lerneinheiten“ statt. Wichtig ist die Entwicklung und nicht der Stand an einem Stichtag. Dazu muss eine ausreichende Zahl Fachpersonal da sein, die es den Kindern ermöglicht sich sicher und aufgehoben zu fühlen, Bindung zu entwickeln und auf dieser Grundlage mutig die Welt zu erobern. Nicht zuletzt müssen die Familien eng eingebunden werden, denn die Familie ist der wichtigste Faktor im Leben der Kinder, gegen die Familie geht nichts, erst im Einklang mit der Familie entfalten sich alle Bemühungen optimal.