Bundesverfassungsgericht kippt Verbot von Sukzessivadoptionen bei gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften

Die Bundesrepublik Deutschland hat einen weiteren Schritt auf dem Weg zu einem moderneren Familienrecht gemacht. Gestern entschied das Bundesverfassungsgericht, dass das Verbot von sog. Sukzessivadoptionen durch eingetragene Lebenspartner (§ 9 Abs. 7 Lebenspartnerschaftsgesetz) verfassungswidrig ist (siehe Pressemitteilung des BVerfG). Nun steht endlich auch lesbischen und schwulen Paaren der Weg zu einer Sukzessivadoption offen. Bis jetzt war die Annahme eines adoptierten Kindes des eingetragenen Lebenspartners durch einen einen anderen Lebenspartner nur möglich, wenn es sich um das leibliche Kind handelt (sog. Stiefkindadoption). Die Möglichkeit, das nichtleibliche Kind des Partners zu adoptieren (sog. Sukzessivadoption) war bis jetzt nur “klassischen” Ehepaaren vorbehalten, eingetragenen homosexuellen Lebenspartnerschaften jedoch verwehrt. Hierin sah das BVerfG eine Verletzung des Grundrechts auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) sowohl der betroffenen Kinder als auch der betroffenen Lebenspartner.

Neben den rein juristischen Aspekten dieser Entscheidung (Volltext), die eher für die Fachwelt von Interesse sind, kann an dieser Stelle nur begrüßt werden, dass das Gericht hier nicht zuletzt der Ansicht unserer Grünen Bundestagsfraktion in der mündlichen Verhandlung gefolgt ist. Diese hat völlig zu Recht auf die Verfassungswidrigkeit des § 9 Abs. 7 LPartG hingewiesen, die in der Ungleichbehandlung adoptierter Kinder eines eingetragenen Lebenspartners gegenüber adoptierten Kindern eines Ehepartners und gegenüber leiblichen Kindern eines eingetragenen Lebenspartners liegt. Diese Ungleichbehandlung beruhte mitnichten auf Kindeswohlerwägungen, sondern war lediglich ein politischer Kompromiss, der nun der Vergangenheit angehört.

Bemerkenswert an der Entscheidungsbegründung sind zudem einige Teilaspekte, die das Gericht sehr überzeugend ausführt. Es ist vor allem dem oft vorgetragenen Argument entgegengetreten, dass das Kindeswohl der Sukzessivadoption durch den anderen Lebenspartner entgegen stünde – ganz im Gegenteil, gerade das Kindeswohl spricht dafür, diese zu ermöglichen! So lässt etwa im Fall einer Auflösung der Lebenspartnerschaft erst eine Sukzessivadoption eine kindeswohlgerechte Sorgerechtslösung zu, die der emotionalen Bindung des Kindes zum anderen Lebenspartner Rechnung trägt. Auch rein materiell wäre das Kind durch eine Sukzessivadoption besser abgesichert – ob nun in unterhalts- oder erbrechtlicher Hinsicht. Ein Kind hat ohne Sukzessivadoption keine Unterhaltsansprüche gegenüber dem anderen Partner, da diese nur auf Verwandtschaft beruhen können (§1601 BGB). Auch erbrechtlich ergibt sich nun eine bedeutende Verbesserung: die bei Ehepaaren schon mögliche Sukzessivadoption war durch ihre Herstellung eines Verwandtschaftsverhältnisses per Adoption die einzige Möglichkeit, beim Versterben des Stiefelternteils in den Genuss ansonsten ausgeschlossener gesetzlicher Erbrechtsansprüche zu kommen. Auch die vielerorts immer noch bestehenden Vorurteile, dass Kindern das Aufwachsen mit gleichgeschlechtlichen Eltern schaden würden, konnten das Gericht glücklicherweise nicht von seiner Entscheidung abbringen. So wies es völlig zu Recht darauf hin, dass die behüteten Verhältnisse einer eingetragenen Lebenspartnerschaft das Aufwachsen von Kindern ebenso fördern können wie die einer Ehe. Es konnte sich hier zudem auch auf Stellungnahmen der übergroßen Mehrheit unter den Sachverständigen stützen, die diese seit längerem bekannte Binsenweisheit noch einmal untermauerten.

Als für die noch amtierende Schwarz-Gelbe Bundesregierung wohl eher peinliche Fußnote sei vielleicht noch folgende Anekdote erwähnt: Schon Dezember 2011 gab es eine Anfrage an die Bundesregierung zur Verfassungsmäßigkeit dieser Ungleichbehandlung. Die Bundesregierung schob damals das Europäische Übereinkommen über die Adoption von Kindern vor, dessen Art. 6 Abs. 2 eine “Zweit- oder Kettenadoption” für Lebenspartner ausschließe, offensichtlich wurde dieses Argument vom Bundesjustizministerium auch in diesem Verfahren noch einmal bemüht. Das Verfassungsgericht musste hier nur ganz beiläufig auf Art. 8 lit. a einer im Jahr 2008 revidierten Fassung des Abkommens verweisen, der die Sukzessivadoption durch eingetragene Lebenspartner ausdrücklich zulässt! Zitat: “Es steht der Bundesregierung jedenfalls offen, der bereits in Kraft getretenen revidierten Fassung beizutreten …. .” …..